Ein Pillow Talk von Paula.
Vor zwei Monaten blieb meine Periode plötzlich aus. Seit ich mit der Hormonspirale verhüte, kommen meine Tage gerne mal etwas unregelmäßig, deshalb beunruhigten mich die sauberen Unterhosen zunächst nicht allzu sehr. Außerdem hatte meine Frauenärztin mir erklärt, dass bei vielen Frauen mit Hormonspirale die Regelblutung nach einiger Zeit ganz ausbleibt. Nach 40 tagelosen Tagen machte ich sicherheitshalber doch einen Schwangerschaftstest. Wie erwartet – negativ.
Ich machte mir keine Sorgen mehr, schwanger zu sein, doch etwas, das ich zunächst nicht in Worte fassen konnte, verunsicherte mich weiterhin. Seit ich meine Tage mit 12 Jahren zum ersten Mal bekam, habe ich sie gehasst. Unterleibskrämpfe, die mich manchmal haben erbrechen lassen, spannende Brüste, schlechte Laune, Blutflecken in Lieblingshosen. Wie oft lag ich zusammengekrümmt mit Wärmflasche im Bett und habe mir gewünscht, meine Tage nicht mehr bekommen zu müssen. Mit der Spirale sind die Schmerzen deutlich besser geworden. Immer noch nervig, aber aushaltbar. Ein weiterer Vorteil: Ich habe viel weniger geblutet. Schwimmen gehen trotz Periode? Kein Problem. Keine Tampons dabei? Halb so wild.
Dennoch blieben diese paar Tropfen Blut in meiner Unterhose mehr als eine monatliche Bestätigung, nicht schwanger zu sein. Meine Tage als Beginn eines neuen Zyklus waren auf mehr Ebenen eine Orientierung für mich, als mir vorher bewusst war. Ungefähr zwei Wochen vor meiner Menstruation konnte ich ohne Pause essen; in der Woche vorher hatte ich kaum Appetit. Bereits fünf Tage vorher fühlte mein Körper sich anders an: Meine Brüste wurden schwerer, in meinem Unterleib spürte ich ein unangenehmes Ziehen, ich bekam Rückenschmerzen. Am Tag bevor meine Periode dann kam, genügte ein falscher Satz und ich brach in Tränen aus oder wurde wütend – manchmal in dem Wissen, im Unrecht zu sein, aber machtlos gegen die Spannung, die sich in meinem Inneren ausbreitete. All diese in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden Veränderungen konnte ich mir mit einem Satz erklären: „Ich bekomme meine Tage.“
In den letzten zwei Monaten hat mein Appetit sich weiterhin verändert, es gab auch Tage, an denen ich hypersensibel war und ich hatte auch Unterleibsschmerzen. Aber ich bekam meine Tage nicht und hatte plötzlich keine Erklärung mehr für mein Empfinden. Kaum Appetit konnte nun bedeuten „Ich bewege mich zu wenig“, „Ich werde krank“ oder „Ich könnte meine Tage doch bekommen“. Übertriebene Emotionsausbrüche lösten in mir den Gedanken aus „Ich bin gestresst“ oder „Ich hab‘ mich nicht unter Kontrolle“. Mein Zyklus reguliert eben nicht nur, wie’s in meiner Unterhose aussieht, sondern auch in meinem Kopf, meinem Magen, meinem ganzen Körper. Dass diese Orientierung plötzlich wegfiel, löste in mir Verunsicherung aus. Sollte ich mir Sorgen machen wegen der Schmerzen in meinem Unterleib? Stresste ich mich zu sehr und war deswegen schlichtweg unausgeglichen?
Als ich meinem Partner davon erzählte, hörte er mir aufmerksam zu, schaute mich dann mit großen Augen an und fragte: „Wollen wir noch einen zweiten Schwangerschaftstest machen?“ Ich glaube, als Mensch, der nicht menstruiert, ist nur schwer nachvollziehbar, inwiefern ein monatliches Unterhosen-Vollbluten eine Orientierung darstellen kann. Ich habe es daraufhin mit folgender Erklärung versucht: Seit 11 Jahren jeden Monat den mehr oder weniger gleichen Zyklus zu durchlaufen und dann plötzlich nicht mehr, ist als gäbe es von heute auf morgen keine Jahreszeiten mehr. Als würde heute die Sonne scheinen, morgen läge Schnee und mensch könnte nicht sagen „Hach, der April macht eben was er will“. Als wären die Tage unterschiedlich lang, ohne dass man von Sommer- und Winterzeit wüsste.
Zwei Tage später zog ich mir morgens noch halb verschlafen die Hose runter und blickte auf einen kleinen Blutfleck in meiner Unterhose. Mein erster Gedanke war dieses Mal nicht „Gott sei Dank nicht schwanger“, sondern ein „Ach daher kamen die Schmerzen heute morgen und deswegen wollte ich gestern nichts anderes als Kekse essen, nachdem ich aus dem Nichts angefangen hatte zu heulen.“
Obwohl ich nach wie vor auf Unterleibskrämpfe und Stimmungsschwankungen verzichten kann, haben mir diese zwei Monate gezeigt, dass Mother Nature sich vielleicht doch ein ganz schlaues Konzept ausgedacht hat. Wer weiß, wie lange diese neue Einstellung anhält, aber das kurze Chaos in meinem Zyklus hat mich neugierig gemacht. Neugierig darauf, meinen Körper und seine Veränderungen noch besser zu verstehen. Neugierig, wie ich meinem Körper geben kann, was er zu verschiedenen Zeiten des Monats braucht. Neugierig darauf, ob ich durch eine andere Einstellung nicht Monat mehr Monat drei Tage aus meinem Kalender streichen müsste.